FILMOGRAPHIE (Auswahl)

„Stillleben“ (2023), 105’min. „Stillleben“ ist ein autobiografischer Dokumentarfilm über ein von Panikattacken bestimmtes Leben. Auf eine Krise folgt die Umkehr: ein anderes, ein stilles Leben. Der Film ist ein fotografisches Portrait dieses anderen Lebens und eine essayistische Reflexion seiner Hintergründe.

„Ferne Söhne“ (2016), 88’ min. Sechs jugendliche Flüchtlinge in Aachen (Deutschland) schweben zwischen den Welten: einerseits Erinnerungen an die fernen Familien und an traumatische Erlebnisse, andererseits ihr Alltag in Deutschland. Die Kamera zeigt in ruhigen S/W-Bildern ihr „neues“ Leben. Über ihre Erzählungen taucht der Zuschauer in ihr komplexes Innenleben ein. Der Film lässt den Betrachter mit für ihre Zukunft hoffen.
► Weltpremière Dok Leipzig  (Deutscher Wettbewerb) 2016
► Dokumentarfilmfestival „Dok.Fest“, Kassel 2016
► Filmfestival „Blicke aus dem Ruhrgebiet“ 2016

„Al Qaryatayn – Syrien vor dem Krieg“ (2010/15), 38′ min. Beobachtungen aus dem Alltag von christlichen und muslimischen Beduinenfamilien in der Oasensiedlung Al Qaryatayn. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 2010 konnten ihre Herden noch ungestört weiden. Im August 2015 wurden Al Qaryatayn von der IS erobert und Hunderte Menschen verschleppt. In Zusammenarbeit mit Erik Wittbusch.
► Filmfestival „Blicke aus dem Ruhrgebiet“, Bochum 2015

„Al Hadr – Die Gegenwart“ (2010/13), 27′ min. Eine Einstellung in der Derga, dem Gemeinschaftsraum einer Moschee, in Damaskus. Nach und nach füllt sich ein Raum mit Gläubigen. Sie setzen sich gegenüber auf den Boden und nehmen ein gemeinschaftliches Mal zu sich.
► Preisträger des Filmfestival „Blicke aus dem Ruhrgebiet“ 2013

„Scheich Ibrahim, Bruder Jihad“ (2010), 83’ min. Zwei Leben für die Religion im Zeitalter der westlichen Religionskrise und ein Bekenntnis zur Toleranz: In Damaskus ruft der Sufi Scheikh Ibrahim zum Gebet in die Moschee – in den Bergen der syrischen Wüste liest Bruder Jihad im Kloster Deir Mar Musa die Morgenmesse. Ohne Kommentar erzählt Scheich Ibrahim, Bruder Jihad von dem Leben und der Verbundenheit der beiden Protagonisten.
(Festivalauswahl)
► Dokumentarfilmfestival „Dok.Fest“, Kassel 2010
► „Mention Spécial“ Internationaler Wettbewerb „Visions Du Réel, Nyon“ 2011
► Preisträger des Filmfestival „Blicke aus dem Ruhrgebiet“ 2011
„Suivre Flaubert / (Flaubert Folgen)“ (2006-10), 75’ min, Dokumentar/ Essayfilm. Historische Schwarzweiß- Fotografien, Camera Obscura- Fotografien und Filmaufnahmen begleitet von Tagebucheintragungen Gustave Flauberts „Reise durch Korsika“. Es entsteht die Möglichkeit einer Konvergenz von Impressionen der Vergangenheit und deren Spuren in der Gegenwart der Insel.
► Präsentation in Korsika anlässlich der „Journée Européennes du Patrimoine 2010“
► Preisträger des Filmfestival „Blicke aus dem Ruhrgebiet“, Bochum 2010

„Il Presente – Maréttimo“ (2005), 17’ min, Dokumentarfilm – Super 8 Aufnahmen und Polaroid Fotografien. Die italienische Insel Maréttimo, jenseits von Sizilien, im Winter 2005. Der achtzigjährige Fischer Giuseppe erzählt aus seinem Leben auf der Insel, Bilder und Erzählung mäandern zwischen Wirklichkeit und Suggestion einer vergangen Zeit.
► Dokumentarfilmfestival „Dok.Fest“, Kassel 2006

„Le Présent – Vallica“ (2004), 23’ min, Dokumentarfilm – Super 8 Aufnahmen und Camera Obscura Fotografien. Augenblicke in Vallica, einem fast verlassenen korsischen Bergdorf im Jahr 2004. Bilder von Fragmenten eines verschwindenden Alltagslebens und kulturellen Traditionen, verflochten mit Erzählungen des Bergbauern Thibault.
► Filmfestival „Blicke aus dem Ruhrgebiet“, Bochum 2006

„Matins“ (2004), 32’ min, Dokumentarfilm. Frühstuck des belgischen Künstlers Francis Schmetz, bei seinen allmorgendlichen Kaffeezeichnungen, die spontan als Inspiration aus Licht und eigener Befindlichkeit aus „Kaffeetusche“ entstehen.
► Filmfestival „Blicke aus dem Ruhrgebiet“, Bochum 2005
► Filmfestival „Les autres regardes“, Liège (Belgium) 2005

„Urban Statements – Borsigplatz“ (2003/04), 29’ min, Dokumentarfilm über das Alltagsleben von obdachlosen Jugendlichen in der „Nordstadt“ von Dortmund.
► Filmfestival „Blicke aus dem Ruhrgebiet“
► Internationalen Kurzfilmfestival, Hamburg 2005

BIOGRAFIE │ ANDRES RUMP

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1970 in Aachen, Deutschland, geboren │lebt und arbeitet in Aachen │freier Autor, Kameramann und Fotograf │seit 2016 freie Mitarbeit für das WDR Studio Aachen │2010 Diplom, Dokumentarische Kamera an der FH Dortmund │2003 – 09 Studium Dokumentarische Kamera an der FH Dortmund │2002 – 04 freie Mitarbeit in der WDR Fernsehredaktion (Religion und Bildung), Köln │1999 – 2001 Arbeit als Architekt │1999 Architektur- Städtebaudiplom an der RWTH Aachen │1993 – 1999 Architektur und Städtebaustudium an der RWTH Aachen, Universität Cottbus und Università di Venezia.

ÜBER DIE FILME VON ANDRES RUMP

Violett und braun ist die Insel im Film „Maréttimo“. Gelbes Licht geben die Leuchtstoffröhre, die spärlichen Glühlampen. Eingestreute Polaroid-Aufnahmen leuchten zwischen den dämmrigen Filmsequenzen auf, unscharf wirken sie umso intensiver in ihren Farben. Das Dämmrige und die Unschärfe verschieben diese Bilder auf die Ebene innerer Bilder, wie Bilder der Erinnerung. Die Fahrt auf die Insel ist eine Fahrt ins Entlegene, sie ist eine Zeitreise, nicht in die Vergangenheit, sondern in eine Zwischenzeit. Das Zeitgefüge der Insel der alten Fischer ist noch nicht vergangen, doch es droht zu vergehen. Das lässt ihre Zeit so viel gegenwärtiger spürbar werden als unsere immer gleiche, rasante Gegenwart. Konzentriert sind die Aufnahmen Andres Rumps, kaum ein Schwenk, keine Hektik, die filmischen Einstellungen wirken wie Fotografien, nur die Gegenstände bewegen sich im Wind.

Auch in „Suivre Flaubert“ begegnet man dieser Verlangsamung des Blicks, die vom Sehen zur Wahrnehmung führt. Die Geschichte des Schriftstellers und des Filmemachers überschneiden sich. Das Reisen entrückt vom Alltag, die ungewohnten Eindrücke fordern eine stärkere Aufmerksamkeit. Flaubert zog aus, das Leben zu lernen. Für ihn war die Reise auf die Mittelmeerinsel wie eine Rückkehr in eine Welt, die er nur aus Erzählungen kannte. Ein vorindustrielles und vortouristisches Leben. Es war keine alte Welt, es ist eine lebendige parallele Welt, die heute nur noch von den Alten gelebt wird. Seit mehreren Jahren besucht Andres Rump die Bewohner des korsischen Dorfs Vallica. Der alte Bauer Thibault vermittelt im Umherstreifen sein Wissen von der Natur und dem Leben mit ihr. Die Reise, die der Film zeigt, ist wie der Text Flauberts eine Reise, die das Land erfahren lässt, sich einlässt auf das Leben der Menschen. Auch die Aufnahmen der Camera Obscura, die eine lange Belichtungszeit brauchen, die Einblendung von stehenden Bildern, zwingen zu einer Bildbetrachtung, die man nicht mehr gewohnt ist. Der Film dient nicht der effektiven Informationsübertragung, er vermittelt eine Wahrnehmung der Welt. Daher ist die Kamera in den Filmen Andres Rumps auf der Spur von Schauplätzen, sondern von Orten, die nicht schon überlagert sind von verbrauchten Bildern. Der Filmemacher nimmt sich viel Zeit für die Orte, bevor die Filme entstehen. Man spürt, wie nah der Fischer dem Element des Meeres ist, auch wenn die Kamera es nicht zeigt; man spürt das Gewicht des Netzes beim Herausziehen aus dem Wasser; man spürt, dass es leichter wurde in den letzten Jahren. Das Meer ernährt die Fischer, deren Leben jeden Tag geprägt ist von der Insel, ihrem Gestein, ihrem Licht, den Kubenhäusern, den farbigen Booten. In Vallica streift der alte Thibault durch das trockene Gras, steigt über Mauern und Böschungen mit einer Leichtigkeit, wie es nur jemand kann, der diese Umgebung sein Leben lang mit seinen Füssen gespürt hat. Können Filmbilder ein solches Gespür speichern?

Die Filme Andres Rumps vermögen es, einen Tastsinn, einen Körpersinn zu vermitteln. Man spürt das Licht auf der Haut, den Boden unter den Füssen, die Dornen an den Schienbeinen, das Salz im Gesicht, die Kälte, die der Wind am Abend bringt, während der Boden noch Wärme abstrahlt. Vielleicht gelingt es Andres Rump, diese Eindrucke zu übertragen, weil er (in seiner Auseinandersetzung mit Architektur) ein besonderes Gespür für die Umgebung des Körpers und für Materialien, für räumliche Atmosphären entwickelt hat. Dieses Gespür ist auch die Grundlage für die Intensität der Begegnung mit dem Sufi und dem Mönch, die beide auf ihre Weise auf der Suche nach dem Wesen der Welt sind, deren Zuneigung zur Welt sich in ihrem Respekt vor der Religion des anderen spiegelt.
Der Mönch sitzt am Ende des Films „Bruder Jihad – Scheich Ibrahim“ vor seiner Felsenhöhle am Rand der syrischen Wüste. Facht ein kleines Feuer unter einer Kanne an, mummt sich allmählich tiefer in seine Decke, das Licht wird blau, und er beginnt von seinem Empfinden zu erzählen, von seiner Suche nach einem starken, tiefen Empfinden.

Marcel Schumacher 2013

PRESSEMATERIAL ANDRES RUMP

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